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Regenerative Kolumne

Regenerative Unternehmen messen ihren Erfolg nicht in Geld

Organisationen, die die Welt positiv verändern wollen, fokussieren sich auf ihre Wirkung. Sie bestimmt auch das Geschäftsmodell. Die Methode der Wirkungstreppe hilft bei der regenerativen Ausrichtung.

Die Organisation der Zukunft ist regenerativ. Sie reduziert nicht nur negative Auswirkungen und Emissionen, sondern vergrößert positive Einflüsse. Degenerative und ausbeuterische Verhaltensweisen wie die Übernutzung von Landwirtschaftsflächen oder die Ausnutzung von Menschen aus dem Globalen Süden werden gestoppt, regenerative und heilende Einflüsse auf Umwelt und Gesellschaft in Gang gebracht – zum Beispiel, indem Böden verbessert und gleichberechtigte Kooperationen zwischen Partner*innen aus dem Globalen Süden und dem Globalen Norden entwickelt werden. Unternehmen machen die eigene positive Wirkung zu ihrem zentralen Ziel und zu einer wichtigen Steuerungsgröße.

Eine Infografik zeigt, dass konventionelles Wirtschaften einen negativen einfluss hat, nachhaltiges Wirtschaften das aufwiegt – also zu einem neutralen Einfluss führt und dass regeneratives Wirtschaften einen positiven Einfluss hat.
Eigene Skizze, die sich am Konzept regenerativer Kulturen von Daniel Christian Wahl orientiert.

Alle sprechen von ihrem Impact oder ihrer Wirkung, aber was genau ist das? „Wirkungen sind die Veränderungen, die durch die Arbeit bei Zielgruppen, in deren Lebensumfeld oder in der Gesellschaft erreicht werden.“1 Diese Definition stammt aus dem Nonprofit-Sektor, wo Wirkung schon immer als Maßstab für Erfolg von Organisationen galt. Unternehmen sollten diese Denkweise übernehmen und ihre regenerativen Aktivitäten ebenso wichtig nehmen wie Finanzkennzahlen.

Die Bedeutung von Wirkung wird aus folgenden Gründen wachsen:

  1. Kund*innenentscheidungen: Kund*innen entscheiden sich zum Kauf von Produkten oder Dienstleistungen von Organisationen, die eine positive Wirkung auf Mensch, Umwelt und Gesellschaft haben.
  2. Finanzielle Erwägungen: Immer mehr Investor*innen fordern Nachweise über die
    Wirkung von Organisationen, denen sie ihr Geld zur Verfügung stellen.
  3. Mitarbeiter*innenbindung: Viele suchen sinnvolle Jobs; Organisationen müssen daher Wirkung vorweisen, um Mitarbeiter*innen zu binden.
  4. Politische Anforderungen: Staatliche und internationale Regulierungen, wie die Green-Deal-Strategien oder die Corporate Sustainability Reporting Directive der EU, verpflichten Unternehmen dazu, über die Auswirkungen von Nachhaltigkeitsaspekten auf das Unternehmen zu berichten und auch über die Auswirkungen auf Mensch und Umwelt Rechenschaft abzulegen – also über ihre Wirkung.2
Ein Gebäude mit Glaskuppeldach zwischen Sträuchern. Ein Mensch steht daneben und winkt dem*der Betrachter*in zu.

Viele Organisationen ignorieren die wachsende Bedeutung der Wirkung oder behaupten, einen signifikanten Impact zu haben, ohne das tatsächlich nachvollziehbar gemessen zu haben. So wirbt etwa die Deka Bank mit der positiven Wirkung ihrer Investmentfonds, ohne diese nachzuweisen. Das ist schlicht Greenwashing.

Komplexer wird die Kritik bei Organisationen, die zwar Gutes tun, aber nicht zu dauerhaften Veränderungen in ihren Zielgruppen, deren Lebensumfeldern oder der Gesellschaft beitragen. Das Unternehmen Share spendet beispielsweise für jedes verkaufte Produkt – etwa Schokolade, Wasser oder Hygieneartikel – an soziale Projekte. Sobald Share jedoch aufhört zu spenden, ist es mit der Wirkung vorbei, denn Geldspenden allein bewirken keine anhaltenden Veränderungen. Share thematisiert außerdem nicht, welche Auswirkungen die Produkte in der Herstellung oder Lieferkette haben. In einer durchdachten Wirkungslogik wären solche Lücken aufgefallen. Doch im Impact-Report von Share gibt es keinerlei Hinweis auf kritische Planungen dieser Art.3

Die Wirkungstreppe

Echte Wirkung entfaltet sich nicht, wenn nur kurzfristig Spendengelder verteilt werden. Das Ziel sollte langfristige und nachhaltige Veränderung sein. Und die vollzieht sich nicht automatisch. Ein hilfreiches Modell, um eine durchdachte Wirkungslogik zu entwickeln, ist die Wirkungstreppe. Sie besteht aus verschiedenen Stufen.

Eine Treppe mit 7 Stufen: Von unten nach oben: Input, Output 1-3, Outcome 1-3, Impact.
Eine Auflistung davon, was sich hinter den Aspekten Input, Output, Outcome und Impact jeweils für Neue Narrative verbirgt.

Bevor Organisationen ihre Fortschritte auf den einzelnen Stufen messen können, müssen sie das Grundgerüst schaffen. Denn nicht jede Aktivität ist mit einer Wirkung gleichzusetzen. Aktivitäten führen zunächst zu Outputs, also Produkten oder Dienstleistungen. Diese bauen Wissen und Kompetenzen bei der Zielgruppe auf, was zu Outcomes in Form von Verhaltensänderungen, einer Veränderung der Lebenslage und schließlich einer Veränderung der Gesellschaft führt. Echter Impact auf gesamtgesellschaftlicher Ebene ist für einzelne Organisationen jedoch kaum erreichbar, weil solche Veränderungen fast immer multikausal sind.4 Deswegen sollten Organisationen vorsichtig mit dem Begriff Impact umgehen.

Insgesamt gilt: Nur wer die eigene Wirkungslogik durchdenkt und weiß, wie Wirkung aus der eigenen Organisation heraus entstehen soll, kann auch erkennen, auf welcher Stufe der Wirkungstreppe sich die Organisation gerade befindet. Auch wenn einzelne Produkte oder Dienstleistungen auf unterschiedlichen Stufen stehen können, sollte jede Organisation grundsätzlich anstreben, die jeweils nächste Stufe auf der Wirkungstreppe zu erklimmen.

Wirkungsziele formulieren

Vor der Messung kommt die Planung. Für eine gezielte Wirkungsplanung sollten Organisationen ihre angestrebte Wirkungslogik verstehen und klare Ziele formulieren. Dabei sollten sie sich auf ein zentrales Wirkungsziel pro Ebene der Wirkungstreppe fokussieren, die Zielgruppe definieren und konkret beschreiben, welche neuen Möglichkeiten die Individuen der Zielgruppe durch die Arbeit erhalten. Die Wirkungsziele sollten im Präsens formuliert werden, so als würde die gewünschte Veränderung bereits stattfinden.

Für Neue Narrative könnten Wirkungsziele für das Magazin beispielsweise so aussehen:

  • Outcome (Stufe 4): Leser*innen verändern ihre Sicht auf, ihre Glaubenssätze über und ihre Erwartungen an Arbeit.
  • Outcome (Stufe 5): Leser*innen nutzen unsere Tools, Guides und das Wissen aus den Essays, um positive Veränderungen in ihren Organisationen herbeizuführen.
  • Outcome (Stufe 6): Leser*innen erleben, dass sich die Organisationen, in denen sie arbeiten, auf ihr Bestreben hin weiterentwickeln. Oder sie suchen sich ein neues Umfeld, das ihren Erwartungen mehr entspricht.

Je eindeutiger die Wirkungsziele formuliert sind, desto klarer ist, was zur Steigerung der Organisationswirkung nötig ist.

Wie sieht es eigentlich bei NN aus?

Eine Plattform, auf der Pflanzen wachsen und Menschen stehen und miteinander interagieren. Im Hintergrund ein Gebäude mit Glaskuppeldach.

Die Wirkung liegt im Geschäftsmodell

Für Unternehmen, die purposegetrieben arbeiten und einen klaren gesellschaftlichen Zweck verfolgen, ist die Definition und Messung ihrer Wirkungsziele oft einfacher, da Impact bei ihnen ohnehin das wichtigste Ziel ist. Das Unternehmen Fairafric produziert Schokolade, genauso wie Share. Anders als bei Share ist die Wirkungslogik dort aber klar erkennbar, nachvollziehbar und messbar: In einer ländlichen Region Ghanas wurde eine Schokoladenfabrik gebaut. Alle profitieren davon, dass die Wertschöpfungskette im Land bleibt: Die Angestellten bekommen sichere, gut bezahlte und menschenwürdige Arbeit. Ihre eigene und die Lebenssituation ihrer Familien verbessert sich, da ihre Kinder beispielsweise zur Schule gehen können, statt zum Lebensunterhalt der Familie beitragen zu müssen. Und die gesamte Region profitiert, weil die Gehälter der Angestellten in die lokale Wirtschaft fließen.

Unternehmen, die nicht purpose-getrieben arbeiten, müssen sich fragen, welchen Unterschied sie mit ihrer Arbeit in der Gesellschaft machen, welche Wirkungen sie bereits haben und welche sie zukünftig erzielen wollen. Dabei sollten sie ihr Kernprodukt und ihr Geschäftsmodell in den Mittelpunkt stellen und die damit verbundenen Wirkungen identifizieren. Ein Schraubenhersteller könnte beispielsweise feststellen, dass seine Produkte ideal für modulares Bauen sind. Also erweitert die Organisation das finanzielle Geschäftsziel um eine wirkungsorientierte Ebene und richtet sich darauf aus, ressourcenschonendes Bauen dauerhaft zu fördern, etwa indem sie Fachwissen und Kompetenzen vermittelt.5

Unternehmen müssen sich fragen, welchen Unterschied sie mit ihrer Arbeit in der Gesellschaft machen, welche Wirkungen sie bereits haben und welche sie zukünftig erzielen wollen.

Selbst traditionelle Autokonzerne könnten ihren Fokus verlagern, um gesellschaftlich wertvolle Wirkung zu erzielen. Schließlich ist Mobilität an sich ein hohes gesellschaftliches Gut und ein Schlüssel für soziale Integration: Wer sich bewegen kann, hat Zugang zu Arbeitsplätzen und Dienstleistungen, aber auch zu Bildungseinrichtungen und Kulturangeboten. Das Problem ist, dass momentan nicht alle Menschen gleichermaßen mobil sind, weil der Fokus bisher auf Individualverkehr mit Autos lag – auch wegen der Autokonzerne. Wenn sie sich stattdessen auf den Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel und von lebenswerten 15-Minuten-Städten fokussieren würden, dann wären ihre gesellschaftlichen Wirkungen vermutlich besser.

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Die Wirkungslogik transparent machen

Natürlich haben Autokonzerne das schon selbst erkannt. Sie reden ja viel von Mobilität. Dabei verschleiern sie aber, dass sie nichts am Geschäftsmodell verändert haben, sondern weiterhin auf fossile Brennstoffe und individualisierte Mobilität setzen. Oft setzen sie ein einziges Prestigeprojekt um, das von ihrem Kerngeschäft ablenken soll (z.B. wenn ein neues E-Auto auf den Markt gebracht, aber gleichzeitig das Angebot an Benzinern ausgebaut wird).

Fast jede Wirkungsplanung- und messung beginnt mit einem ersten Projekt. Aber dabei darf es nicht bleiben. Ein schädliches, aber seit Jahrzehnten etabliertes Geschäftsmodell umzubauen, braucht natürlich Zeit und Ressourcen. Währenddessen sollten Unternehmen transparent ihre Zielsetzungen und ihren aktuellen Stand gemäß ihrer Wirkungslogik aufzeigen. Momentan sind wir weit davon entfernt, dass alle Organisationen positive Wirkungen erzielen. Doch daran zu arbeiten, ist ein erster Schritt.

Ein grüner Strauch.

Takeaways

  • Organisationen sollten positiv auf die Gesellschaft wirken und ihre Wirkung zu einer zentralen Steuerungsgröße machen.
  • Positive Wirkung entsteht nicht automatisch, sondern sollte mithilfe der Wirkungstreppe geplant werden.
  • Auch Unternehmen, die nicht von Anfang an purpose-orientiert sind, sollten sich auf ihre Wirkung besinnen, um regenerativ zu werden.

FUßNOTEN

  • 1

    Bettina Kurz & Doreen Kubek: Kursbuch Wirkung (Phineo gAG, 2021), S. 5

  • 2

    Dahinter steht das Konzept der doppelten Wesentlichkeit. Nachhaltigkeit sollte immer aus zwei Perspektiven betrachtet werden: „Outside-in“ erfasst die finanziellen Auswirkungen externer Nachhaltigkeitsfaktoren auf das Unternehmen. „Inside-out“ ermittelt die externen Auswirkungen der Unternehmensaktivitäten auf Gesellschaft und Umwelt.

  • 3

    Share: Der Social Impact Report 2022; bzgl. der Kritik zum Weiterlesen: Alexandra Endres: Kann Konsum die Welt retten? (2018)

  • 4

    Die Begriffe Impact und Wirkung werden oft synonym verwendet. In der hier vorgestellten Wirkungstreppe ist mit Impact aber nur die höchste Stufe der Wirkung, nämlich dauerhafte Wirkung auf (gesamt)gesellschaftlicher Ebene gemeint.

  • 5

    Im Bereich Bauen und Wohnen entstehen 38 Prozent der weltweiten Treibhausgase. Ein Grund dafür ist der extrem hohe Ressourcenverbrauch.

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