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Ein voll beladener Schreibtisch, der in Flammen steht
Arbeitskultur

Warum alle Organisationen Burn-out-Prävention machen müssen

Wenn Menschen in Organisationen ausbrennen, liegt das häufig an einer schlechten Arbeitskultur. Burn-out muss von Organisationen gelöst werden. Dafür brauchen sie passende Präventionsmaßnahmen.

Die Hälfte aller in Deutschland lebenden Menschen fühlt sich regelmäßig erschöpft. Frauen sind im Schnitt erschöpfter als Männer, und Personen in Haushalten mit Kindern fühlen sich mit 61,2 Prozent deutlich häufiger erschöpft als diejenigen ohne Kinder (47 Prozent).1 Wenn diese Erschöpfungszustände länger anhalten, droht ein Burn-out.

Helen Heinemann, Gründerin des privaten Instituts für Burn-out-Prävention in Hamburg2, warnt Organisationen davor, Burn-outs zu unterschätzen: „Burn-out bei Mitarbeiter*innen löst nicht nur eine Kettenreaktion aus, sondern funktioniert wie eine Quadratfunktion: Ein Krankheitsfall führt für alle anderen Kolleg*innen zur Überarbeitung, die dann im schlimmsten Fall auch ausfallen. Dann kann man von einer Burn-out-Kultur in der Organisation sprechen.“

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Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuft Burn-out seit 2019 als Arbeitsplatzphänomen ein,3 das auftritt, wenn chronischer Stress am Arbeitsplatz nicht erfolgreich bewältigt wurde. Burn-out ist offiziell keine Krankheit, sondern gehört zu „den Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen und zur Inanspruchnahme des Gesundheitswesens führen“.4 Die Einordnung in den Arbeitskontext macht klar: Die Verantwortung liegt bei den Organisationen und nicht bei den Betroffenen.

Warum brennen Menschen aus?

Auch wenn bestimmte Persönlichkeitsmerkmale – zum Beispiel ein ausgeprägter Perfektionismus – Burn-out begünstigen, ist das Problem in erster Linie gesellschaftlich. Die Ansprüche an Individuen sind hoch: Die Vorstellung, immer überall 100 Prozent geben zu müssen (und zu wollen), ist in vielen Organisationen fest verankert.

Ein Gallup-Bericht von 2020 fasst die fünf zentralen Gründe für Burn-out zusammen.5 Alle stehen im Zusammenhang mit der Arbeitsumgebung, -struktur und der Kommunikation im Arbeitskontext. Das zeigt deutlich, dass die Verantwortung für die Burn-out-Prävention bei der Organisation liegt.

Fünf Hauptgründe für Burn-out

1. Unfaire Behandlung am Arbeitsplatz

Unfaire Behandlung kann Unterschiedliches umfassen: Voreingenommenheit, Bevorzugung und schlechte Behandlung durch Kolleg*innen, uneinheitlich angewendete Vergütungs- oder Unternehmensrichtlinien.

2. Unüberschaubarer Arbeitsaufwand

Lange Arbeitszeiten sowie übermäßig viele oder zu schwere Aufgaben sind ein Grund für Burn-out. Wenn Beschäftigte durchschnittlich 50 Stunden in der Woche arbeiten, liegt ihr Burn-out-Risiko signifikant höher, als wenn sie 40 Stunden arbeiten. Ab 60 Stunden Wochenarbeitszeit eskaliert das Risiko regelrecht. Noch wichtiger ist jedoch die subjektive Arbeitsbelastung.

3. Unklare Kommunikation seitens der Vorgesetzten

Starken Einfluss auf das Burn-out-Risiko haben fehlende Informationen und Unklarheiten über den Arbeitskontext, oft hervorgerufen durch uneindeutige Kommunikation. Z.B., wenn Manager*innen ihren Mitarbeiter*innen nicht die Informationen zur Verfügung stellen, die sie brauchen, um effektiv zu arbeiten.

Typische Merkmale für ein Burn-out:

4. Fehlende Unterstützung durch den*die Manager*in

Die Unterstützung durch Manager*innen ist von zentraler Bedeutung, um Burn-out vorzubeugen. Gute Manager*innen stellen eine sichere, wertschätzende Arbeitsatmosphäre für ihre Mitarbeiter*innen her, indem sie deren Bedürfnisse anhören und sie bei Entscheidungen ermutigen.

5. Unzumutbarer Zeitdruck

Wenn Fristen zu knapp gesetzt werden, um eine Aufgabe qualitativ hochwertig zu bearbeiten, oder wenn Menschen wiederholt Aufgaben bekommen, die sie nicht gut bearbeiten können, entsteht Zeitdruck und das Burn-out-Risiko steigt.

Eine Figur die den beiden Zeigern einer Uhr eingeklemmt wird.

Wie Prävention funktioniert

Zunächst sollten Organisationen eine Bestandsaufnahme machen: Gibt es bereits Fälle von Burn-out oder besteht die Sorge, dass Menschen kurz davor stehen? Welcher der oben genannten Risikofaktoren besteht in der eigenen Organisation? Um das herauszufinden, eignet sich eine (jährliche) Mitarbeiter*innenbefragung, in der explizit nach körperlichen und psychischen Gesundheitsbeschwerden sowie weiteren Burn-out-Merkmalen gefragt wird.

Wenn klar ist, was die Mitarbeiter*innen belastet, können im zweiten Schritt passende Maßnahmen gefunden werden, um die Belastung(en) abzubauen. Es geht um strukturelle Anpassungen, die auf Grundlage der Befragungen individuell ausfallen müssen. Die Gallup-Studie legt jedoch nahe, bestimmte Aspekte besonders in den Blick zu nehmen:

Höhere Arbeitsautonomie ermöglichen

Es wird empfohlen, mehr Arbeitsautonomie für Mitarbeiter*innen herzustellen, um ihnen zu ermöglichen, die eigene Arbeit selbst zu organisieren und unabhängiger von Manager*innen zu werden.

Stärkenbasiertes Arbeiten fördern

Mitarbeiter*innen, die ihren Stärken entsprechend arbeiten, haben ein um 57 Prozent geringeres Burn-out-Risiko als der Durchschnitt der Befragten. Deshalb sollten Mitarbeiter*innen stärkenbasiert arbeiten.

Weniger Lärm und Unterbrechungen

Zudem sollte die physische Arbeitsumgebung verbessert, Lärm und Unterbrechungen minimiert werden. Organisationen könnten zum Beispiel meetingfreie Tage einführen.

Probleme von Mitarbeiter*innen ernst nehmen

Wenn Führungskräfte in Einzelgesprächen mit Mitarbeiter*innen wirklich zuhören und mit ihnen herausfinden, welche Aufgaben sie weniger hoch priorisieren oder ganz abgeben können, haben Mitarbeiter*innen gegenüber dem Durchschnitt der Befragten eine um 62 Prozent verringerte Wahrscheinlichkeit, ausgebrannt zu sein.

Der Gallup-Bericht erklärt einen Punkt als ausschlaggebend für gute Burn-out-Prävention in Organisationen: Manager*innen müssen ihre Führungsweise ändern und die Menschen, die sie führen, in den Mittelpunkt stellen. Sie sollten besser zuhören, die Meinung von allen in Entscheidungen einbeziehen, Teamarbeit unter den Angestellten fördern, den Purpose der Arbeit in den Mittelpunkt rücken und die Stärken der Angestellten einbeziehen.

Ein Feuerwehrmann oder eine Feuerwehrfrau löscht einen brennenden Bürostuhl mit einem Feuerlöscher

Selbstorganisation ist noch keine Burn-out-Prävention

In selbstorganisierten Teams sind viele der Risikofaktoren für Burn-out bereits überwunden:

  • Erstens gibt es oft eine höhere Arbeitsautonomie, weil Mitarbeiter*innen mit Rollen arbeiten, in deren Rahmen sie selbstständig Entscheidungen fällen und Prozesse verändern können.
  • Zweitens wird in einer Kompetenzhierarchie automatisch auf der Grundlage von persönlichen Stärken gearbeitet. Dadurch, dass selbstorganisierte Organisationen nicht durch äußere Kontrolle funktionieren, besteht hier öfter als in anderen Organisationsformen die Möglichkeit, remote zu arbeiten.6
  • Dabei gibt es, drittens, weniger der üblichen Probleme mit (Großraum-)Büros. In Kombination mit einer Kommunikationskultur, in der asynchrones Antworten in Ordnung ist, kann über Unterbrechungen selbst bestimmt werden.
  • Viertens können Mitarbeiter*innen Probleme jederzeit selbst als Spannungen einbringen.
Ein Arm, der hinter einem Stapel Ordnern nach Hilfe ruft.

Doch in selbstorganisierten Teams können andere Faktoren Burn-out begünstigen: Ohne Manager*in gibt es niemanden, der*die von außen den Workload organisiert. Abgrenzung in Selbstorganisation erfordert Eigenverantwortung – auch das ist anstrengend.

Daher sollten auch selbstorganisierte Organisationen regelmäßig überprüfen, welche Burn-out-Risiken bei ihnen bestehen, und Maßnahmen entwickeln, um damit umzugehen. Kolleg*innen können einander bei der Selbstorganisation unterstützen. Und sich gegenseitig ein positives Vorbild bei der Abgrenzung von Arbeit und Privatleben zu sein, macht es leichter, genügend Pausen und pünktlich Feierabend zu machen.

Take aways

  • Burn-out ist keine Krankheit, sondern ein Arbeitsplatzphänomen. Deswegen liegt die Verantwortung für die Prävention bei den Organisationen.
  • Die Hauptgründe für Burn-out sind unfaire Behandlung am Arbeitsplatz, unüberschaubarer Arbeitsaufwand, unklare Kommunikation vonseiten der Vorgesetzten, fehlende Unterstützung durch Manager*innen und unzumutbarer Zeitdruck. Nach diesen Risikofaktoren sollten Organisationen Ausschau halten.
  • In selbstorganisierten Teams besteht vor allem das Risiko, Arbeit und Freizeit nicht genügend gegeneinander abzugrenzen. Kolleg*innen können sich gegenseitig darin unterstützen, darauf zu achten.

FUßNOTEN

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