Von Tod und Trauer ist beinahe jede Organisation betroffen, aber nur wenige sind darauf vorbereitet. Dabei kann ein schlechter Umgang damit verheerend sein. Deshalb solltet ihr einen Plan entwickeln, wie ihr Trauernde unterstützen wollt.
Unsere Arbeit ist dicht von persönlichen Beziehungen durchwoben. Wir arbeiten jahrelang gemeinsam an Projekten, verbringen Pausen und Teamtage zusammen, feiern miteinander Sommerfeste und Weihnachtsfeiern. Entsprechend hart trifft es uns, wenn plötzlich ein*e Kolleg*in stirbt. Du kommst ins Büro oder den virtuellen Check-in und merkst sofort, dass etwas nicht stimmt. Weinende Gesichter, hilflose Blicke und eine Führungskraft, die nicht weiß, was sie sagen soll.
Viele Organisationen sind schlecht vorbereitet
Aus den Statistiken zu den Sterbezahlen in Deutschland lässt sich ableiten, dass in einem 25-köpfigen Team die Wahrscheinlichkeit, dass innerhalb eines Jahres ein Teammitglied verstirbt, bei etwa 7,5 Prozent liegt, dass eine Person im Team um einen Angehörigen trauert, sogar bei rund 30 Prozent.1 „Ein Todesfall kommt in einer Firma statistisch gesehen häufiger vor als ein Brand“, sagt Sicherheitsingenieurin Heinke Wedler, die schon seit rund 30 Jahren Organisationen zu Arbeitssicherheit und ganzheitlichem betrieblichen Gesundheitsmanagement berät. Dazu gehört immer wieder der Umgang mit Verlust und Trauer. Doch während sich die meisten Organisationen mit regelmäßigen Übungen auf Brandfälle vorbereiten, fehlt im Umgang mit Tod und Trauer oft jeder Plan. Die meisten setzen sich mit diesen Themen erst auseinander, wenn der Ernstfall eingetreten ist.
Hinweis
Das ist ein teurer Fehler, sagt Wedlers Kollege Stefan Hund. Denn Trauer hat spürbare Auswirkungen auf den Arbeitsalltag. Betroffene können zeitweise ausfallen oder nur eingeschränkt arbeitsfähig sein, zum Beispiel durch Konzentrationsschwierigkeiten, Fehlzeiten oder weil sie sich zurückziehen. Trauernde können auch gereizter und sensibler sein als sonst, was wiederum andere Teammitglieder überfordern kann.
In einer solchen Situation sind Führungskräfte besonders gefragt. Dafür müssen sie entsprechend vorbereitet sein, denn sonst fühlen sie sich in Trauersituationen selbst schnell überfordert. Das gilt vor allem, wenn sie nicht von der Geschäftsführung unterstützt werden.2 Denn in Krisenzeiten ohne Rückhalt dazustehen, hinterlässt tiefe Spuren. „Nicht selten erleben Führungskräfte das als große Hilflosigkeit“, sagt Hund. Sie haben dann das Gefühl, in einer emotional extrem fordernden Situation im Stich gelassen zu werden. Das kann nicht nur dazu führen, dass sie unempathisch den Trauernden und dem Team gegenüber reagieren, sondern auch, dass sie sich innerlich vom Unternehmen distanzieren oder sogar kündigen.
„Ein Todesfall kommt in einer Firma statistisch gesehen häufiger vor als ein Brand.“
Heinke Wedler

Wenn Mitarbeiter*innen trauern
Manche Menschen fürchten sich, trauernden Angehörigen etwas Falsches zu sagen. „Dabei müssen wir nicht immer die richtigen Worte parat haben“, so Wedler. Viel wichtiger sei es, zugewandt und authentisch zu bleiben. Ein ehrliches „Es tut mir wirklich leid. Ich weiß gerade nicht, was ich sagen soll“, sei zum Beispiel besser als jede Floskel.
Führungskräfte dürfen sich nicht einbilden, zu wissen, was für eine trauernde Person das Richtige ist. Und sie sollten nachfragen: Was benötigst du jetzt, um mit der Situation besser umgehen zu können? Manche Menschen können gar nicht arbeiten, andere brauchen gerade die Struktur einer geregelten Arbeit. Dann ist es dennoch wichtig, sie mit Aufgaben zu betrauen, die leicht zu erledigen sind und keinen zusätzlichen Stress oder Überforderung verursachen.
Um dem gerecht zu werden, sollten Organisationen verschiedene Unterstützungsmöglichkeiten anbieten, aus denen Trauernde nach Bedarf auswählen können:
1. Sonderurlaub oder befristete Freistellungen: Beim Tod Angehöriger ersten Grades sieht das Gesetz nur wenige Tage Sonderurlaub vor. In der Praxis melden sich viele Betroffene aber ohnehin krank. Warum ihnen also nicht direkt entgegenkommen – auch im Falle nahestehender Personen ohne gesetzlich definierte Verwandtschaft, wie unverheirateten Partner*innen, Stiefeltern oder auch dem Haustier?
2. Arbeitszeiten und Arbeitsort anpassen: Reduzierte Stunden, flexible Arbeitszeiten oder Homeoffice-Angebote können Trauernde entlasten und ihnen den Freiraum geben, das zu tun, was ihnen am meisten hilft.
3. Finanzielle Unterstützung: Organisationen können kurzfristig und unbürokratisch helfen, zum Beispiel mit einem Zuschuss zu Bestattungskosten.
4. Externe Unterstützungsangebote organisieren: Dazu gehören professionelle Trauerbegleitung, Selbsthilfeformate wie Trauerfreundschaften, Trauergruppen oder Trauercafés, in denen sich Trauernde mit anderen Trauernden über Tod und Verlust austauschen können.
5. Interne Unterstützungsangebote: Einige Unternehmen etablieren eine Trauervertretung, anlassbezogene Arbeitstandems oder setzen interne Trauerbegleiter*innen ein. Diese sind durch Weiterbildungen zu Themen rund um Tod und Trauer sensibilisiert und können Unterstützung anbieten.
Entscheidend ist, dass Unternehmen nicht erst im Akutfall reagieren, sondern sensible Szenarien im Voraus mitdenken. Dazu gehört zum Beispiel auch der Umgang mit einer Tot- oder Fehlgeburt. Wenn Mitarbeitende eine Schwangerschaft oder baldige Elternschaft bekannt geben, braucht es nicht nur Glückwünsche und die Vorbereitung auf die Elternzeit in der Organisation, sondern auch einen Notfallplan für den Ernstfall. Der sollte selbstverständlich im Hintergrund erarbeitet und gegenüber dem werdenden Elternteil nicht thematisiert werden.
Unser trauerndes Gehirn
So funktioniert eine Trauervertretung
Wenn Mitarbeitende trauern, sind sie nur eingeschränkt belastbar. Gleichzeitig laufen Fristen und Projekte meist wie gewohnt weiter. In dieser Situation kann eine Trauervertretung helfen: Ähnlich wie bei einer Urlaubsvertretung übernimmt ein*e Kolleg*in vorübergehend Projekte – entweder vollständig oder als Back-up, falls die betroffene Person kurzfristig ausfällt. Wer diese Rolle übernimmt, sollte im Team und mit der Führungskraft abgestimmt werden. Ideal ist eine Person, die bereits inhaltlich eingearbeitet ist und das Vertrauen der trauernden Kolleg*in genießt. Und natürlich sollte sie über die entsprechenden Kapazitäten verfügen oder die Möglichkeit haben, eigene Aufgaben zeitweise abzugeben.
Fragen:
1. Aufgabenverteilung: Welche Aufgaben oder Projekte bleiben bei der trauernden Person? Was übernimmt die Vertretung?
2. Kommunikationswege: Darf die Trauervertretung bei Fragen die trauernde Person kontaktieren? Wie wird im Notfall kurzfristig kommuniziert? Welche Tools oder Kanäle werden dafür genutzt (z. B. Slack, Kalender, Memos)?
3. Verbindlichkeit und Flexibilität: Wie flexibel kann die Vertretung auf die Tagesform der trauernden Person reagieren? Welche Aufgaben werden ggf. automatisch übernommen?
4. Rücksprachen und Feedback: Wie oft und in welcher Taktung tauschen sich die trauernde Person und die Vertretung aus?
5. Schutzräume und Grenzen: Welche Themen sind tabu? An wen wendet sich die Trauervertretung, wenn Aufgaben oder die emotionale Last zu viel werden?
6. Sichtbarkeit nach außen: Wer kommuniziert was an Dritte? Wird die Trauervertretung nach außen transparent gemacht?
Ähnlich wie bei einer Urlaubsvertretung übernimmt ein*e Kolleg*in vorübergehend Projekte – entweder vollständig oder als Back-up, falls die betroffene Person kurzfristig ausfällt.

Wenn Kolleg*innen sterben
Wenn ein Mensch innerhalb des Teams stirbt, stehen Organisationen vor einer besonderen Herausforderung: Anders als beim Tod von Angehörigen sind hier meist mehrere Mitarbeitende direkt betroffen und trauern. Es sollte dabei nicht unterschätzt werden, wie eng Beziehungen zwischen Kolleg*innen sein können. Schließlich verbringen viele Menschen mehr Zeit bei der Arbeit als mit ihrer Familie.
Bei einem Todesfall im Team sollten daher alle Kolleg*innen zügig informiert werden. Denn: „Wenn der Flurfunk losgeht, haben Führungskräfte und das Unternehmen fast schon verloren“, sagt Hund. Sobald inoffizielle Informationen zirkulieren, entstehen Gerüchte. Das verunsichert und erweckt den Eindruck, dass nicht offen mit dem Thema oder mit den Trauernden umgegangen wird.
Hund rät, das Team sehr zeitnah in einem persönlichen Rahmen zu einem ungenannten Tagesordnungspunkt zusammenzubringen. Die Todesnachricht sollte kurz, ehrlich und respektvoll übermittelt werden. Idealerweise ist sie mit einem ersten Ausblick verbunden, wie der Abschied in der Organisation gestaltet wird. Wichtig dabei: Die Trauerrituale innerhalb der Organisation sollten stets gleich gestaltet werden. Wenn eine Person mit einer Gedenkminute und einer Trauerrede gewürdigt wird, während über den Tod einer anderen Person nur im internen Newsletter informiert wird, entsteht eine Hierarchie des Gedenkens. Das kann einzelne Kolleg*innen verletzen, und nicht nur im Team der verstorbenen Person entsteht der Eindruck, der Organisation seien manche Menschen wichtiger als andere.
In besonders belastenden Situationen stoßen viele Führungskräfte an ihre Grenzen. Dazu zählen etwa der Suizid eines*einer Teamkolleg*in oder Todesfälle am Arbeitsplatz, zum Beispiel durch einen Herzinfarkt oder einen Arbeitsunfall. Führungskräfte sollten ehrlich reflektieren, ob sie selbst wirklich in der Lage sind, ihr Team durch diese Zeit zu begleiten. Besonders, wenn sie selbst von dem Ereignis stark betroffen sind oder sie Schwierigkeiten haben, empathisch zu reagieren. In diesem Fall kann eine andere Führungskraft die Trauerbegleitung übernehmen. Zum Thema Trauer geschulte Kolleg*innen können ebenfalls helfen und externe Trauerbegleiter*innen im Hintergrund unterstützen.
Besonders sensibel in der Kommunikation ist der Umgang im Fall eines Suizids innerhalb des Teams. Hund empfiehlt, aus Respekt vor dem*der Verstorbenen und der Familie als Unternehmen keinesfalls den Suizid zu bestätigen, auch wenn einige etwas ahnen oder wissen. Eventuelle Nachfragen rät Hund mit Hinweis auf die Privatsphäre nicht zu kommentieren. Es sollte ausreichen, zu sagen: „Wir wurden informiert, dass die*der Kolleg*in gestern gestorben ist.“ Führungskräfte sollten respektvoll mit diesen Spannungen umgehen und ihre eigenen Grenzen wahrnehmen. Überforderung ist menschlich, darf aber nicht dazu führen, dass Betroffene allein bleiben.
Kulturelle Aspekte im Umgang mit Tod und Trauer

So könnt ihr euch als Organisation besser vorbereiten
Strukturierte Leitfäden, sogenannte Standard Operating Procedures, helfen mit konkreten Handlungsschritten und Checklisten, sich im Ernstfall zu orientieren. Dabei ist es wichtig, die Zuständigkeiten zuvor genau festzulegen: Wie ist die Rettungskette? Wer übernimmt die interne Kommunikation, wer packt und übergibt Privat- oder Wertgegenstände vom Schreibtisch? Nur so lässt sich vermeiden, dass Zuständigkeiten hin- und hergeschoben werden.
Solche Leitfäden lassen sich nicht pauschal vorgeben, sondern müssen zur jeweiligen Organisationskultur passen. Faktoren wie Unternehmensgröße, Hierarchien oder die generelle Kommunikationskultur zwischen Teams und Führungskräften spielen eine wichtige Rolle. Dennoch kann es hilfreich sein, sich an bestehenden Beispielen zu orientieren, um eigene Lösungen zu entwickeln.
Eine Orientierung können Notfallpapiere mit Checklisten und Handlungsempfehlungen geben, wie sie die Handwerkskammer Koblenz auf ihrer Website anbietet.5 Indem ihr die dort formulierten Fragen (einen Auszug findet ihr in der Tabelle) einmal durchgeht und für eure Organisation beantwortet, könnt ihr eine Trauerpolicy entwickeln, die zu euch und eurer Organisationsstruktur passt. Wenn ihr zum Beispiel selbstorganisiert arbeitet, kann sich eine Rolle eher um die organisatorischen Belange und eine andere um die emotionale Begleitung kümmern.

Notfallkontakte und Zugriffsrechte im Notfall
Notfallkontakte werden üblicherweise zu Beginn eines Arbeitsverhältnisses abgefragt. Oft werden sie dann aber jahrelang nicht mehr aktualisiert. Im Ernstfall kann das zu unangenehmen Situationen oder sehr viel Stress führen, etwa wenn Telefonnummern veraltet sind oder versehentlich ehemalige Partner*innen informiert werden. Um das zu vermeiden, müssen Notfallkontakte korrekt abgelegt, regelmäßig gepflegt und zugänglich sein.
Das geht im Arbeitsalltag allerdings leicht unter. Wedler und Hund empfehlen Organisationen deshalb, mit ihren Mitarbeitenden zu vereinbaren, dass diese ihren Notfallkontakt direkt im eigenen Smartphone anlegen und regelmäßig pflegen. So ist der Notfallkontakt jederzeit verfügbar, auch wenn Mitarbeitenden außerhalb der üblichen Arbeitsräume etwas zustößt, zum Beispiel bei Teamtagen. Zudem entsteht so kein datenschutzrechtliches Risiko für Arbeitgeber*innen. Gleichzeitig sollte im Team festgelegt werden, wer in der Regel für die Organisation anruft. Das kann zum Beispiel die Führungskraft sein.
Ferner sollte geklärt werden:
- Wer hat im Notfall Zugriff auf Dienstgeräte?
- Liegen alle projektrelevanten Informationen für alle zugänglich auf dem Server?
- Sind alle wichtigen Abläufe von mehr als einer Person ausführbar?
- Wer darf im Notfall oder Todesfall an den Arbeitsplatz oder Spind gehen?
Mit dem Verlust umgehen lernen
Trauer braucht Zeit. Wie viel, ist individuell sehr unterschiedlich. Während manche Menschen nach einigen Wochen gelernt haben, mit dem Verlust umzugehen, brauchen andere Monate oder Jahre. Trauer kommt in Wellen. Noch Monate nach einem Todesfall können Trauerschübe auftreten. Diese können sich in Konzentrationsschwierigkeiten, Reizbarkeit oder sozialem Rückzug äußern. Führungskräfte und Teams sollten sich darauf einstellen, dass Trauer kein linearer Prozess ist, der nach einer bestimmten Zeit abgeschlossen ist.
Wie Trauerrituale im Team aussehen können
Trauer am Arbeitsplatz ist individuell. Je nachdem, wie eng der Kontakt zwischen Teammitgliedern und Führungskräften ist, können Abschiedsrituale ganz verschieden aussehen.
„Das war ein riesiger Schock. Wir arbeiteten am Nachmittag noch gemeinsam an einem Projekt“, erinnert sich Stefan Schniedertöns, Geschäftsführer der Digitalagentur skeon digital. Als er mitten in der Nacht vom Unfalltod seiner Kollegin erfuhr, wusste er nicht, wie er es dem Team mitteilen sollte. „Man ist einfach nicht vorbereitet.“
An Arbeit war in der akuten Trauerphase nicht zu denken. Da die verstorbene Kollegin zudem viele Kund*innen betreut hatte, sagte Schniedertöns für eine Woche alle Termine ab und informierte sie über den Todesfall. Das schuf Raum für die Trauerarbeit im Team.
Das weitere Vorgehen sprach er mit einer Trauerbegleiterin ab. Das Team traf sich dann gemeinsam mit ihr. Es ging darum, wie es intern weitergehen könnte: Wer braucht welche Hilfe? Was muss organisiert werden? „Das war ein extrem emotionaler Termin“, erinnert sich Schniedertöns. Sie hätten mehrere Stunden zusammengesessen. „Die Situation war wirklich schlimm. Ich fand es aber beeindruckend, dass wir alle offen über unsere Gefühle reden konnten. Ich denke, das lag an der engen Verbindung, die wir als Team schon vorher aufgebaut hatten.“ Viele Mitarbeitende führten auch Einzelgespräche mit der Trauerbegleiterin, die sie rund um die Uhr kontaktieren konnten.
Der Arbeitsplatz der Kollegin wurde zunächst als Gedenkort belassen. Das Team legte ein Buch für Erinnerungen aus, dazu kamen Fotos und Karten, kleine Gegenstände. Auch Kund*innen schickten Blumen und Trauerkarten. Später wurde nach dem bereits geplanten Umzug des Unternehmens ein kleiner Gedenkort eingerichtet – mit Fotos und dem Buch, in das bis heute geschrieben wird. Das Team entschied sich außerdem für eine gemeinsame Traueranzeige und nahm an der Trauerfeier teil. Danach kamen alle Teammitglieder noch einmal im Büro zusammen. „Es wurde viel geweint, wir haben Luftballons steigen lassen, Musik gehört“, berichtet Schniedertöns. „Das war alles sehr emotional und schwierig zu begreifen.“
Die Erinnerung an die verstorbene Kollegin ist nach wie vor Teil des Arbeitsalltags. Denn Trauer kommt in Wellen: Auch Monate später kann bei jemandem plötzlich ein Schub kommen, der unbewusst passiert und zu gereizten Reaktionen führt. „Ich glaube, dass wir da vieles richtig gemacht haben“, sagt Schniedertöns, „weil jede*r aus dem Team in diesen Momenten den Mut hat, das offen anzusprechen.“
„Trauer kommt in Wellen: Auch Monate später kann bei jemandem plötzlich ein Schub kommen, der unbewusst passiert und zu gereizten Reaktionen führt.“
Stefan Schniedertöns
Gute Vorbereitung macht Trauer nicht weniger schmerzhaft. Der Tag, an dem du von dem Tod eines*einer Kolleg*in erfährst, wird trotzdem überwältigend bleiben. Aber die Vorbereitung ermöglicht es allen Beteiligten, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: Abschied zu nehmen, zu trauern und füreinander da zu sein.
Takeaways
-
Viele Organisationen treffen die Themen Tod und Trauer am Arbeitsplatz unvorbereitet. Damit riskieren sie, Mitarbeitende und Führungskräfte zu überfordern, zu verletzen und sogar Kündigungen.
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Statt aus Angst vor falschen Worten zu schweigen, sollten wir trauernde Personen fragen, was sie wirklich brauchen. Organisationen sollten verschiedene Unterstützungsangebote anbieten, damit Trauernde die für sich passende Hilfe auswählen können.
-
Organisationen müssen sich auf den Ernstfall vorbereiten. Ein an die Organisationskultur angepasster Notfallplan ermöglicht es, schnell und angemessen zu helfen.
Input-Geber*innen
Heinke Wedler berät seit 1995 Unternehmen zu Arbeitssicherheit und ganzheitlichen betrieblichem Gesundheitsmanagement. Seit 2022 ist sie Mitglied im Bundesausschuss Mutterschutz.
Stefan Hund hat Hunderte Menschen in Todes- und Trauersituationen begleitet, vor allem in Kliniken, Gemeinden und Unternehmen. Er ist evangelischer Pfarrer im Ruhestand und arbeitete über 25 Jahre als Klinikseelsorger. Hund ist Gründungsmitglied und Vorsitzender im Beirat des Bundesverbands Männertrauer.
Stefan Schniedertöns ist Gründer und Geschäftsführer von skeon digital.
Zum Weiterlesen und Weiterhören
- Ich, trauernd von ARTE Psycho
- Trauer am Arbeitsplatz von Petra Sutor
- Das Schwere leicht gesagt von Heinke Wedler und Stefan Hund
FUßNOTEN
- 1
Diese Zahlen basieren auf vereinfachten Schätzungen anhand der Bevölkerungsstatistik und der Annahme von rund 140.000 Todesfällen jährlich von Menschen im beschäftigungsfähigem Alter. Die tatsächlichen Wahrscheinlichkeiten liegen vermutlich etwas niedriger, weil nicht alle Menschen im beschäftigungsfähigen Alter auch tatsächlich einer Beschäftigung nachgehen. Wenn die Wahrscheinlichkeit, dass im Laufe eines Jahres ein Teammitglied verstirbt, bei fünf Prozent liegt, würde unser Beispielteam alle 20 Jahre einmal um ein*e Kolleg*in trauern müssen. Die tatsächliche Wahrscheinlichkeit kann je nach Branche und Tätigkeitsart durch verschiedene körperliche Belastungen und Unfallrisiken variieren. ↩
- 2
Laut einer Untersuchung mit 141 Führungskräften, die Wedler und Hund mit der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt durchgeführt haben, sprachen 80 Prozent davon, dass sie bereits Trauersituationen unter Mitarbeitenden erlebt haben, die sich auf die Arbeit auswirkten. Ebenfalls knapp 79 Prozent dieser Führungskräfte wandten sich in dieser Situation hilfesuchend an die Geschäftsleitung, blieben aber auf sich selbst gestellt, so Hund. ↩
- 3
Spektrum der Wissenschaft: Spektrum Podcast: Was passiert bei Trauer in unserem Gehirn? (2024) ↩
- 4
Siehe dazu: Petra Sutor: Trauer am Arbeitsplatz. Sprachlosigkeit überwinden – Fürsorgepflicht wahrnehmen – Trauerkultur entwickeln (2020), S. 139. ↩
- 5
Siehe dazu: Handwerkskammer Koblenz: Trauer und ihre Begleitung am Arbeitsplatz ↩