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Remote-Arbeit

So stärkt ihr eure Team-Beziehung im digitalen Raum

Spontane Gespräche und zufällige Begegnungen kommen in der Remote-Zusammenarbeit häufig zu kurz. Dieser Guide hilft euch dabei, feste Räume für informellen Austausch zu schaffen.

Wer auf der Arbeit schnackt, macht sich verdächtig. Gerade im Niedriglohnsektor reicht es häufig bereits, etwas absprechen zu wollen, um von den Vorgesetzten ermahnt zu werden. Auch anderswo ist Plaudern mit Kolleg*innen kein Ausdruck besonderen Fleißes. Im Gegenteil: Unter dem Stichwort time theft (dt. „Zeitdiebstahl“) gibt es zahlreiche Artikel, die Arbeitgeber*innen vor ausgedehnten Pausen und Geplauder ihrer Mitarbeiter*innen warnen. Dabei kann das Informelle ganz entscheidend zum Erfolg von Teams beitragen. Vorausgesetzt, seine Bedeutung wird anerkannt. Mit ein paar Tricks gelingt das Plaudern auch im digitalen Raum.

Plaudern wird unterschätzt

Informelle Kommunikation – so lautet die wissenschaftliche Bezeichnung für Plaudern oder schnelles Absprechen. Damit ist einfach nur gemeint, dass die Unterhaltung nicht strukturiert ist, also keinen festgelegten Regeln folgt. Hierzu zählen schnelles Feedback („Deine Präsentation heute hat es auf den Punkt gebracht“), Privates („Nein danke, ich trinke erst mal nur Wasser. Hatte heute Morgen eine fiese Wurzelbehandlung“), aber auch projektbezogene Updates („Wie kommst du eigentlich mit deinem Text voran? Kann ich dich dabei irgendwie unterstützen?“).

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Strukturiert plaudern

Loslegen

Das Informelle ist also das, was außerhalb der organisationalen Strukturen passiert. Gerade deshalb unterschätzen Führungskräfte und Mitarbeiter*innen häufig seinen Wert. Es fällt aus dem Raster und wird damit leicht übersehen.2

Dabei zeigt eine Untersuchung des MIT Media Lab, dass Teams 33 Prozent produktiver sind, wenn sie sich informell viel austauschen.3 Plaudernde Mitarbeiter*innen verteilen ihr Wissen und ihre Belastungen gleichmäßiger, finden kreativere Lösungen und treffen nachhaltigere Entscheidungen. Außerdem gehen sie besser mit Konflikten um und verhindern Streits häufiger im Voraus. Das Informelle ist wie ein Schmiermittel, das die Maschine am Laufen hält, wenn die üblichen, formalisierten Wege versanden.

Teams, die sich untereinander informell austauschen, sind produktiver.

Remote-Arbeit begünstigt soziale Isolation

Doch wie sieht es in Organisationen aus, die seit der Pandemie hybrid oder remote arbeiten? Leider haben sich die wenigsten darum gekümmert, ihre kollegialen Beziehungen aufrechtzuerhalten. Laut einer Studie des Fraunhofer-Instituts fühlten sich 44 Prozent der Befragten einsamer oder sogar sozial isoliert.4 Obwohl viele Menschen die Vorteile der Heimarbeit zu schätzen gelernt haben, war der fehlende informelle Austausch ein entscheidender Grund, zurück ins Büro zu kommen.

Das heißt aber nicht, dass informelle Kommunikation in Remote-Unternehmen nicht möglich wäre. Sie ist eben nur nicht selbstverständlich. Woher weiß ich beispielsweise, dass meine Kollegin überhaupt möchte, dass ich sie spontan anrufe? Dafür fehlt die Körpersprache, die sich im Büro lesen ließe. Es müssen also neue Strukturen geschaffen werden.

Es ist auch möglich, sich digital auf eine Kaffeepause zu verabreden.

Schafft Räume für informelle Kommunikation

Entscheidend für informelle Formate ist, die Barrieren für spontanen und schnellen Austausch möglichst gering zu halten, ohne dabei die Grenzen einzelner zu übertreten. Hier ein paar Tipps und Routinen, die Redeanlässe schaffen und Barrieren abbauen.


Informelles Coworking

Wenn ich erst eine Slack-Nachricht schreiben muss, um nach einem Meeting zu fragen, um dann wiederum eine Termineinladung per Mail rauszuschicken, ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering, dass ich meine Kollegin um Rat frage. Informelles Coworking schafft eine barrierearme Umgebung. Gehe dafür wie folgt vor:

  • Verabrede dich mit einer oder zwei Kolleg*innen zu einem mindestens einstündigen Treffen.
  • Macht einen kurzen Check-in und besprecht, was euch gerade beschäftigt und, wenn ihr mögt, woran ihr arbeiten wollt.
  • Schaltet euer Mikrofon stumm und eure Kamera aus, der Lautsprecher bleibt eingeschaltet.
  • Nun beginnt ihr mit eurer Fokusarbeit.
  • Schalte dein Mikrofon und wahlweise die Kamera an, sobald du eine Beobachtung oder einen Gedanken hast, den du teilen oder zu dem du Rat einholen möchtest.
  • Haltet am Ende des Termins in einem Check-out eure Gedanken fest und tauscht euch darüber aus, ob euch die Anzahl der Wortmeldungen gefallen hat.

Mit der Zeit lernt ihr eure Präferenzen bzgl. der Tageszeit, Gesprächsfrequenz und Coworking-Partner*innen kennen. Dieses Format eignet sich besonders für Kolleg*innen, die sehr eng zusammenarbeiten.

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Was ist ein Check-in?

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Nehmt euch auch in Meetings Zeit für gemeinsame Pausen

Selbst persönliche Meetings, die sehr durchstrukturiert sind, haben informelle Elemente: In Pausen trinken die Teilnehmer*innen einen Kaffee zusammen, gehen eine rauchen oder vertreten sich die Beine. Remote passieren diese Dinge auch, nur nicht zusammen. Dabei kann ein ungezwungener Gedankenaustausch sehr produktiv sein. In streng formalisierten Online-Meetings braucht es dafür, so ironisch das auch klingt, eine Struktur. Nehmt euch dafür etwas Zeit. Zwar dauert euer Meeting dann etwa eine halbe Stunde länger. Wahrscheinlich trefft ihr dafür aber bessere Entscheidungen.


Informell auf Slack, Microsoft Teams & Co. kommunizieren

Viele Teams kommunizieren intern längst über Apps und tauschen dort zielgerichtet und schnell Informationen aus. Darüber vergisst man leicht, dass diese Apps auch ein Ort für informellen Austausch sein können. Drei Ideen:

1. Teammitglieder per Zufall zusammenbringen

Viele Remote-Unternehmen verwenden dazu das Programm Donut. (Es funktioniert allerdings nur auf Slack. Für Microsoft Teams gibt es CoffeePals.) Donut ist ein kleines Programm, das Mitarbeiter*innen per Zufall zusammenbringt. Ihr werdet z.B. einmal pro Woche mit einem*einer Kolleg*in verbunden und könnt euch dann zu einem virtuellen Kaffee, Mittagessen oder Feierabendgetränk verabreden. Der Bot macht auch Vorschläge, wann es euch beiden terminlich passt.

2. Ein Kanal für Wut, Witz oder Wahnsinn

Er kann natürlich auch mit einem anderen Buchstaben beginnen. Wichtig ist nur, einen Ort zu schaffen, an dem ihr Dinge abladen könnt, die euch beschäftigen. Einigt euch sicherheitshalber auf eine Art Markierung, die signalisiert, dass der Kanal informell ist. Dann fällt es leichter, Gedanken zu äußern, die nicht arbeitsbezogen sind.

Du hast gerade einen Brief von deinem Gasversorger erhalten? Warst im Kino und möchtest einen lustigen Film empfehlen? Oder bist vom aktuellen Weltgeschehen überfordert? Allein der Austausch darüber bringt euch näher zusammen. Zusätzlich kannst du auch fragen, ob jemand Lust hat, in der Mittagspause darüber zu reden.

Beispiel: Strategie-Meeting

3. Geburtstagsnachrichten

Viele Organisationen, in denen die Mitarbeiter*innen in einem Büro zusammensitzen, haben feste Geburtstagsrituale: Der Arbeitsplatz wird geschmückt, man trifft sich zu Kaffee und Kuchen oder stößt nach Feierabend miteinander an. Genauso könnt ihr im Remote-Team eine Routine schaffen. Zum Beispiel diese:

  • Jede Person trägt ihren Geburtstag im Kalender ein.
  • Die Rolle Geburtstage benachrichtigt eine Woche vorher eine Person, die eng mit dem Geburtstagskind zusammenarbeitet.
  • Am Stichtag postet die Person eine persönliche Botschaft im allgemeinen Kanal, die alle sehen. So ist der Rahmen geschaffen, dass alle Kolleg*innen öffentlich gratulieren können.

Plaudern wird im Arbeitskontext wenig wertgeschätzt. Dabei ist informeller Austausch nicht nur für die kollegialen Beziehungen, sondern auch für den Erfolg der gesamten Organisation entscheidend. Doch während sich im Büro viele spontane Gesprächssituationen einfach ergeben, müssen Teams im Remote-Kontext dafür extra Räume schaffen. Lockeres Coworking, mehr gemeinsame Pausen und Chat-Routinen helfen dabei. Dann gelingt das Plaudern auch vom Homeoffice aus.

Auch für Geburtstage im Team lässt sich eine Remote-Routine entwicklen.

FUßNOTEN

  • 1

    Nachzulesen etwa in Arbeit poor. Unterwegs in der Dienstleistungsgesellschaft (2001) von Investigativjournalistin Barbara Ehrenreich.

  • 2

    Annegret Bolte und Stephanie Proschen (2006), Die Organisation des Informellen.

  • 3

    Alex Pentland (2012): „The New Science of Building Great Teams“, Harvard Business Review.

  • 4

    Bei der Untersuchung im Jahr 2022 wurden rund 200 Datensätze ausgewertet, für die Menschen in Konzernen, kleinen und mittleren Unternehmen sowie der Verwaltung interviewt wurden.

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